Stephan Neubauer

Leonberg - Die Stadtgeschichte

in der frühen Neuzeit 1514 bis 1699

1514

Eine Erhöhung der Steuern führt zu dem "Armen Konrad" genannten Aufstand. Höhere Abgaben, häufigere Frondienste und zunehmende Regelungen durch die landesherrliche Verwaltung versetzen die württembergischen Untertanen in Wut. Schorndorf und Leonberg sind Brennpunkte. In Schorndorf endet der Aufstand blutig. Leonberg dagegen kann Herzog Ulrich Zugeständniße abringen, auf die sich die anderen Gemeinden im Land bei ihren Verhandlungen berufen.

1534

In Württemberg wird die Reformation eingeführt. Leonberg wird widerwillig evangelisch. Das Franziskanerkloster und die Nonnenklause - 1350 als Beginengemeinschaft erwähnt - werden aufgelöst.

1537

Der Bürgermeister und Richter Benedikt Beutelspacher wird wegen seiner Opposition gegen Herzog Ulrich verurteilt und verstümmelt.

1541

Zur deutschen Schule kommt eine Lateinschule hinzu, ebenfalls nur für Jungen. Eine Mädchenschule wird erst im Jahr 1580 eingerichtet.

1560-65

Herzog Christoph läßt unter Einbezug der Burg das Schloß bauen.

1566

Der Marktbrunnen erhält eine Wappnerfigur mit Wappen und Hoheitszeichen des Landesherrn.

1570-1621

Der Bildhauer Jeremias Schwartz, Leonberger Bürgersohn, betreibt seine Werkstatt in Leonberg. Er entwickelt sich zum bedeutendsten Bildhauer der Spätrennaißance im mittleren Neckarraum. Die Grabmäler an der evangelischen Stadtkirche stammen fast alle aus seiner Werkstatt und der seiner Söhne. Die Grabdenkmäler, Ausdruck zunehmenden bürgerlichen Selbstbewußtseins, sind in der Qualität ihrer Ausführung und der Zahl ihrer überlieferung einmalig in Württemberg. Die älteste Stadtansicht Leonbergs aus dem Jahre 1618 stammt von Jeremias Schwartz.1571-74 Mißernten schaffen große Hungersnot.

1577

Die Eltern von Johannes Kepler (*1571) erwerben das Bürgerrecht, sie waren bereits 1575 von der Reichßtadt Weil der Stadt nach Leonberg gezogen. Bis 1583 besucht Johannes Kepler hier die Schulen. Als Leonberger Bürgersohn hat er Zugang zum württembergischen Bildungßystem.

1609-14

Herzogin Sybilla nimmt nach dem Tod Friedrich I. von Württemberg ihren Wittwensitz in Leonberg. Baumeister Heinrich Schickhardt legt für sie einen Lustgarten, den Pomeranzengarten, an. Der Garten wird 1980 rekonstruiert; er ist der einzige Terraßengarten der Spätrennaißance in Deutschland.

1620/21

Johannes Kepler steht seiner als Hexe angeklagten Mutter Katharina bei; nach 14-monatiger Haft wird sie freigesprochen. Ihr eifrigster Verfolger ist Untervogt Lutherus Einhorn. In deßen 16jähriger Amtszeit werden 9 der insgesamt 10 Todesurteile gegen "Hexen" ausgesprochen.

1634-38

Der kaiserliche (katholische) General Gallas quartiert sich mit seinem etwa 90 Köpfe zählenden Hofstaat nach dem Sieg über die Protestanten bei Nördlingen im Schloß ein.

1635

Die Pest fordert 635 Todesopfer, das entspricht etwa der Hälfte der Bevölkerung.

1656

Noch immer lebt die Amtßtadt infolge der Kriegszerstörungen außchließlich von der Landwirtschaft. Der Weinbau ist stark zurückgegangen; die Weinbaufläche war im Lauf des 16. Jahrhunderts bis etwa 1634 immer mehr ausgedehnt worden. Der Weinbau und Weinhandel hatte den Leonbergern zu einem bescheidenen Wohlstand verholfen. Die vielen Altstadthäuser aus dieser Zeit, die Grabmäler an der Stadtkirche zeugen noch davon.

1670-73

Der Musiker Daniel Speer ist Lehrer an der Lateinschule.

1684

Der erste Pferdemarkt findet statt; er soll der desolaten wirtschaftlichen Lage abhelfen und nebenbei den Abfluß des Geldes ins Ausland, zum Pforzheimer Pferdemarkt verhindern. Er hat sich als einziger Jahrmarkt bis heute erhalten.

1699

Die ehemalige Scheune der Familie von Sachsenheim, von Untervogt Einhorn zum Wohnhaus umgebaut, wird Pfarrhaus.